"Viele von uns konnten fliehen" - Stolpersteinrundgang zu drei Grazern in der US-"Skitruppe" im Zweiten Weltkrieg
„Es ist einer dieser Zufälle, wie ihn sich nur das Leben ausdenken kann. Völlig unverhofft treffen sich zwei junge Steirer im Herbst 1944 in der texanischen Hauptstadt Austin im Süden der Vereinigten Staaten – tausende Kilometer entfernt von der Schule, die sie vor Jahren gemeinsam besucht haben. Wenige Monate später ist einer von ihnen tot, als US-Soldat im nördlichen Apennin einer deutschen Granate zum Opfer gefallen. …“
Dies schrieb der Historiker Robert Lackner vor kurzem in der Kleinen Zeitung. Vor der erwähnten Schule, der heutigen HAK Grazbachgasse in der steirischen Hauptstadt, findet sich dazu folgende Inschrift: „Hier lernte Heinrich Kissmann. Flucht 1938 USA“.
Gemeinsam mit Florian Traussnig ging Lackner bei einem biografischen Stolpersteinrundgang der teils tragischen Geschichte von "Henry & Fred" sowie eines weiteren Grazers während der NS-Zeit und dem Zweiten Weltkrieg nach. Die drei Männer flohen bzw. emigrierten zwischen 1933 und 1938 aus Österreich in die USA und wurden im Zweiten Weltkrieg als „G.I.s“ in der 10th Mountain Division, einer hochspezialisierten „Skitruppe“ der US-Armee ausgebildet. Alle drei dienten in dieser Einheit für ihr neues Heimatland USA und kämpften in Italien gegen die Wehrmacht. Für ihren bewaffneten Einsatz gegen den Nationalsozialismus zahlten sie einen hohen Preis: Fred Strauss wurde im Apennin getötet, Otto Korban schwer verwundet und Henry Kissman linderte als Sanitäter viel Leid an der Front.
Der Rundgang vorbei an Orten ihrer Kindheit und Jugend – Schulen, Wohnhäuser, ehemalige Arbeitsplätze der Eltern – spürte dem Leben dieser drei ehemaligen Grazer nach und thematisierte auch die ethischen Aspekte des „Widerstands von außen“ in alliierter Uniform, den diese (meist jüdischen) Österreicher in der US-Gebirgstruppe geleistet haben.
Der gemeinsam mit der Alumni Community der Uni Graz (Sektion Theo-Club) und dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung ermöglichte Stolpersteinrundgang wird vielleicht auch in einer Zeitgeschichte-Dokumentation seine filmischen Spuren hinterlassen. Stay tuned!
Florian Traussnig