Im Gespräch mit ...
Johannes Chudoba
Alumni im Portrait Jänner 2017
Das Reisefieber wurde Johannes Chudoba praktisch in die Wiege gelegt: Mit seinen Eltern, die dort als Lehrer tätig waren, verbrachte er einen Teil seiner Schulzeit in Istanbul. Seine Sprachkenntnisse schulte er bei Studienaufhalten in Moskau und Dublin, um sich so die perfekte Basis für seine spätere Tätigkeit im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit für die UN zu schaffen. Für das erste "Alumnus des Monats"-Interview 2017 hat der gebürtige Grazer mit uns per Skype aus seiner aktuellen Heimat Kirgisistan gesprochen.
Beitrag: Carmen Teubenbacher
Wie führte der Weg dann weiter?
Nach der Auslandserfahrung im ehemaligen Jugoslawien war klar, dass ich in der internationalen Zusammenarbeit tätig sein möchte und habe mir mit einem weiteren Masterstudium in Princeton die formalen Qualifikationen dafür geholt. Mit der Erfahrung in Konfliktgebieten und Gebieten mit einer Situation unmittelbar nach einem Konflikt und der Kombination mit Russisch und Persisch war für mich dann Zentralasien die perfekte Kombination und so kam es, dass ich 2002 nach Tadschikistan gezogen bin.
Was macht für Sie die Faszination an der Arbeit aus?
In Situationen unmittelbar nach einem Konflikt ist das mit Sicherheit die dynamische positive Veränderung. Nach Krisen- bzw. Kriegssituationen muss natürlich oft wieder viel aufgebaut werden. Das schafft sehr klare Herausforderungen und auch sehr klare Ziele, die man gemeinsam erreichen kann.
Was war bisher Ihre größte Herausforderung?
Da gab es natürlich bisher viele, besonders prägend war aber eine Episode direkt nach meinem Abschluss an der Uni Graz. Bei meiner damaligen Arbeit in Bosnien ging es darum, Menschen in drei Dörfern zu helfen, alles soweit wieder aufzubauen, dass Flüchtlinge dorthin zurückkehren konnten. In erster Linie haben wir mit Familien gearbeitet, die den Vater verloren hatten, oder wo eine alleinerziehende Mutter zusätzlich ihre Eltern versorgen musste. Dort war es aus verschiedensten Gründen besonders schwierig. Einerseits war ich noch sehr jung und unerfahren und musste mir – vor allem auch ob meines jugendlichen Aussehens – den Respekt vor Ort erkämpfen. Andererseits hatte ich zwar Serbokroatisch gelernt, aber nicht studiert und so gab es trotz Unterstützung durch Dolmetscher auch sprachliche Barrieren. Aber gerade diese Herausforderungen waren eine sehr wertvolle Erfahrung auf der ich später aufbauen konnte.
Was denken Sie, welche Vorurteile man in der westlichen Welt bezüglich des Lebens in einem Land wie Kirgisistan hat? Denkt man an Kirgisistan, denkt man üblicherweise in erster Linie an weite Steppenlandschaften...
Die Weite der Landschaft ist mit Sicherheit kein Vorurteil. Eine Tätigkeit, die ich hier derzeit zusätzlich ausführe, ist eine Beratertätigkeit für eine Tour-Firma. Das Unternehmen hat erst kürzlich eine große Ausstellung in Madrid vorbereitet und dabei war es uns eben auch sehr wichtig, dass sich diese offene, weite Landschaft im Design des Ausstellungsstandes widerspiegelt.
Als ich 1992 das erste Mal nach Kirgistan gekommen bin, war es für mich fast schockierend, wie kahl die Berge für unsere Begriffe sind. Bei uns denkt man in erster Linie auch an Wälder, wenn man an Berge denkt. Bishkek aber liegt auf 800 Meter Seehöhe, somit sind auch die Berge deutlich höher als in Österreich. Aber diese offene, kahle Weite ist etwas ganz besonderes. Ich kann jedem nur empfehlen, auf Besuch zu kommen, es ist wirklich die Reise wert (lacht).
Sie waren in den vergangenen 20 Jahren beruflich hauptsächlich im Ausland tätig. Wie ist Ihr Blick von außen auf Ihre Heimat?
2016 war natürlich hier mit der mehrfachen Bundespräsidentenwahl besonders spannend, wobei wir AuslandsösterreicherInnen in Bishkek – wir sind hier fast zwei Dutzend Personen – das Geschehen natürlich auch genau verfolgt haben. Insgesamt ist die österreichische Politik für uns sehr relevant, weil damit ein großer Zusammenhang besteht, wie wir hier gesehen und aufgenommen werden.
Vielen Dank für das Gespräch!