Im Gespräch mit ...
Daniel Mair
Alumni im Porträt Oktober 2014
Von der Uni Graz ins Reich der Mitte
Bei einem Auslandssemester im Rahmen seines Studiums an der Uni Graz hat Daniel Mair seine Liebe zu China entdeckt, seit rund fünf Jahren ist Shanghai nun sein neuer Lebensmittelpunkt.
Wie sich sein beruflicher Weg ins Reich der Mitte gestaltet hat, was die größten Herausforderungen in einer der größten Metropolen der Welt waren und warum er sich ab 22. Oktober als Leiter des neuen Chapter SHANGHAI für die Universität Graz engagieren möchte, verrät der studierte Betriebswirt im „Alumnus des Monats“ Interview.
Beitrag: Carmen Teubenbacher
Herr Mag. Mair, Sie sind derzeit als General Manager bei S.B.I. Facility Services in Shanghai tätig. Wie hat sich Ihr beruflicher Werdegang entwickelt?
Ende 2009, nach Absolvierung meines Masterstudiums in Graz ging es in Richtung Shanghai, wo ich ein 3-monatiges Praktikum bei einer britischen Bauberatungsfirma, eine der Markführer in China, begonnen hatte. Diesen Kontakt konnte ich erfreulicherweise während meines Auslandssemesters in China aufbauen. Diese Möglichkeit war zu diesem Zeitpunkt um ehrlich zu sein nicht meine bevorzugte Anstellung, jedoch war es nahezu unmöglich in Zeiten der Wirtschaftskrise eine vielversprechende Stelle - und zwar auch in Shanghai - zu finden. Deshalb musste ich den „Umweg“ über ein Praktikum gehen. Nach den ersten 3 Monaten erhielt ich aber bereits eine Vollzeitanstellung, wobei mein Aufgabenbereich als „Business Development Manager“ die Neukundengewinnung aus dem deutschsprachigen Raum war. Im Jahre 2012 wurde mir die Stelle des „Head of Business Development“ anvertraut. Ich war somit verantwortlich für ein internationales Team von etwa 20 Personen mit dem Fokus auf Verkauf, Strategie und Marketing.
Mit Anfang dieses Jahres kam dann eine interessante Anfrage eines Headhunters, welche mich schlussendlich zu meiner neuen Herausforderung gebracht hatt. Seit 1. Juli 2014 bin ich als General Manager bei S.B.I. Facility Services (Shanghai) Co., Ltd. tätig.
Wie gestaltet sich Ihr aktuelles Aufgabengebiet?
SBI ist eine WFOE Tochterfirma von B.I. Electrical Services, gegründet 1989 in Belfast (Nordirland), und zählt vor allem in Großbritannien zu den Market Leadern im Bereich Facility Services. Ich leite die gesamten Geschäfte vor Ort in China und berichte direkt den Shareholdern von BI in Nordirland.
Wir fokussieren auf Haustechnik, von der Planung von Gebäuden über Inbetriebnahme bzw. Abnahme der Haustechnik bis hin zum Facility Management (Instandhaltung & Wartung) und operieren in unterschiedlichen Industriesektoren, darunter fallen etwa Industrie- oder Gewerbegebäude, Hotels, Krankenhäuser sowie auch Schulen und Universitäten.
Unser Firmenziel, als natürlich auch mein persönliches Anliegen, ist es, SBI in China als konkurrenzfähiges und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen zu etablieren und in weiterer Zukunft in Asien zu expandieren, was auch von unserem Asian Headquarters Shanghai aus passieren wird.
"Nach meinem Auslandssemester in China war es mein Traum nach Shanghai zurückzukehren, meine berufliche Karriere zu starten und hier zu leben."
Was war eigentlich ausschlaggebend dafür, dass Sie den Sprung nach China gewagt haben?
Während meines Studiums absolvierte ich ein Auslandssemester in China, in erster Linie um meine Chinesisch-Kenntnisse zu verbessern und in der Praxis anzuwenden, aber ich wollte auch mal was „anderes“ sehen und so habe ich mich auf das Abenteuer Asien eingelassen.
Nach meiner Rückkehr nach Österreich war für mich klar: Ich möchte in Shanghai meine berufliche Karriere starten und dort leben. Mein Lebensmotto lautet „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“, deshalb habe ich mir dieses Ziel gesetzt und alles versucht, die Chance zu erhalten in China zu arbeiten, mich durchzusetzen und erfolgreich zu sein.
Gereizt hat mich an China vor allem das rasante Wirtschaftswachstum über die letzten Jahre. Ich bin davon überzeugt, dass China immer noch „the place to be“ für die meisten Industriesektoren ist, wenngleich sich der Trend hin zur Serviceindustrie bewegt. Zudem liegt der Reiz an China auch daran, dass man sehr schnell erfolgreich sein kann, sowohl was Geschäfte, aber auch den beruflichen Werdegang angeht.
Was waren die größten Herausforderungen an Ihrem neuen Lebensmittelpunkt?
Es gibt große kulturelle Unterschiede zwischen China und Österreich/Europa, aber auch das Leben in einer der größten Städte der Welt ist natürlich anders als in der Heimat. Herausforderungen sind etwa Auffassungsunterschiede zwischen lokalen und westlichen Menschen, was etwa Lebenseinstellung oder Geschäftssinn angeht. Es ist für einen Ausländer auch nicht einfach, von der Chinesischen Gesellschaft aufgenommen zu werden.
In der Vergangenheit habe ich immer versucht, von der Chinesischen Kultur und den Chinesen zu lernen aber auch zu verstehen wie China „tickt“. Es ist mir wichtig, auch im Freundeskreis eine gesunde Mischung aus Einheimischen und "Internationals" zu pflegen, und ich glaube es ist mir ganz gut gelungen, die positiven Seiten von beiden Kulturen - der westlichen und chinesischen - zu verbinden. Ich denke, das ist sehr entscheidend wenn man in China erfolgreich sein will.
Wie sieht es mit der Sprache im Alltag aus? Ich nehmen an, Sie haben mit dem Chinesisch-Unterricht schon sehr früh begonnen?
Meine ersten Chinesisch-Kurse besuchte ich bereits während meines Bachelor Studiums an der Universität Graz und mittlerweile ist mein Level gut, würde ich sagen. Ich kann mich im Alltagsleben zurechtfinden. In Shanghai kommt man aber eigentlich auch mit Englisch über die Runden, außerhalb der Stadt jedoch kaum.
"Ich fühle mich in Shanghai sehr wohl, aber meine Heimat ist und bleibt Österreich."
Sie leben jetzt seit rund fünf Jahren in China, was schätzen Sie an Ihrer neuen Heimat am meisten?
Ich fühle mich in Shanghai sehr wohl, habe dieser Stadt einiges zu „verdanken“ und werde aller Voraussicht wohl noch ein paar Jahre bleiben (man sollte jedoch nicht zu langfristig planen), aber meine Heimat ist und bleibt Österreich bzw. das ländliche Osttirol, auch wenn es mich wohl nicht mehr so schnell zurückziehen wird. Wie schon erwähnt: Es ist vor allem die berufliche Herausforderung aber auch die Stadt Shanghai, die sehr Multi-Kulti und international ist und eigentlich alles bieten kann, was man sich in einer Großstadt vorstellen kann.
Und was vermissen Sie an Österreich?
Natürlich in erster Linie die Familie und Freunde, als auch die Menschen in der Heimat, vor allem was Ehrlichkeit und Vertrauen angeht. Offensichtlich fehlen mir die Natur, in der ich aufgewachsen bin und das „einfache“, wunderschöne Leben am Land. Aber man muss im Leben hin und wieder Abstriche machen und Vor- bzw. Nachteile abwägen. Nach Shanghai zu gehen war ja meine eigene Entscheidung und deshalb "muss" ich mit dieser Herausforderung leben. Ich verbringe jedoch nach wie vor die meiste Zeit meines Urlaubs in der Heimat.
"Mir liegt sehr viel daran, die guten Beziehungen zur Universität Graz als auch zu den damaligen Professoren und ehemaligen Studienkollegen weiterhin zu pflegen."
Ab 22. Oktober wird es auch eine alumni-Außenstelle in Shanghai geben, die Sie leiten werden. Warum ist es für Sie wichtig, sich auch über das Studium hinaus für Ihre Alma Mater zu engagieren?
In der Vergangenheit habe ich immer schon versucht Leute zusammenzubringen, aus verschiedenen Kulturen oder Geschäftsbereichen und Netzwerke zu pflegen. Zum Bespiel bin ich schon seit einigen Jahren für den Österreicher-Stammtisch Shanghai verantwortlich und seit Anfang 2014 wurde mir die Ehre zuteil, Präsident des Österreicher-Vereins in Ost-China zu werden.
Shanghai ist das Scheinbild der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China und für Österreich wird China als Handelspartner immer wichtiger. Als Leiter des Chapter SHANGHAI sehe ich mich u.a. als Ansprechpartner für Alumni als auch derzeitige ProfessorInnen und Studierende, welche etwa nach Shanghai oder China kommen (oder in Zukunft kommen wollen), Tipps benötigen oder sogar wirtschaftliche Interessen in China haben.
Mir liegt persönlich auch sehr viel daran, die guten Beziehungen zur Universität Graz als auch zu den damaligen ProfessorInnen und ehemaligen StudienkollegInnen weiterhin zu pflegen, sowie das Netzwerk zu erweitern und zu unterstützen wo ich nur kann. Meiner Meinung nach wird es immer wichtiger, dass man sich ein globales Netzwerk aufbaut, da ein weltweiter Austausch für den persönlichen Erfolg entscheidend sein kann.