Im Gespräch mit ...
Volker Pichler und Günther Witamwas
Alumni im Porträt September 2013
Der Geschäftsführer und der Vorstandsvorsitzende des SOWI-AV im Portrait
Seit Juli 2013 ist der SOWI-AV nun als Zweigverein offiziell Teil des alumni UNI graz. Anlässlich dieses historischen Meilensteins haben wir die beiden Wirtschafts-Profis zu einem Gespräch getroffen. In unserem Alumni-Portrait geben sie einen Einblick in ihren beruflichen Werdegang, verraten, warum für sie die Verbundenheit mit der Alma Mater auch über das Studium hinaus so wichtig ist und was sie sich von der gemeinsamen Zukunft mit dem alumni UNI graz erwarten.
Beitrag: Carmen Teubenbacher
Herr Dr. Witamwas, Sie haben als Jugendlicher die Ausbildung im Gymnasium abgebrochen und stattdessen eine Lehre als Bürokaufmann absolviert. Aus welchem Grund haben Sie mit Anfang 20 beschlossen wieder die Schulbank zu drücken?
Witamwas: Die Situation war damals einfach unbefriedigend für mich. Ich habe als Jugendlicher eine Phase vorgefunden, wo ich einfach nicht zur Schule gehen wollte, wo ich mich fast körperlich dagegen gesträubt habe. Ich habe dann natürlich bedingt durch die Lehre und bedingt durch den Arbeitsmarkt erkannt, dass das ein Fehler war und daraufhin habe ich diesen zweiten Bildungsweg beschritten und nach der Externistenmatura ein BWL-Studium begonnen.
Sie haben neben ihrem Studium immer gearbeitet. War ein berufliches Engagement schon während der Studienzeit für Sie später als langjähriger Personalchef der Grazer Wechselseitigen Versicherungsgruppe ein wichtiges Einstellungskriterium?
Witamwas: Ich habe in meinem Leben ich weiß nicht wie viele tausende Lebensläufe gelesen und versucht eine Prognose über die „Verwendbarkeit“ einer Person für eine bestimmte Position zu machen. Es kommt nicht darauf an, wie schnell jemand studiert hat, es muss das „Gesamtpaket“ stimmen. Ich habe auch Leute mit extrem langen Studiendauern eingestellt, die aber ihre lange Studiendauer, z.B. durch eine extreme sportliche Tätigkeit, begründen konnten und dadurch zu einer abgerundeten Persönlichkeit geworden sind. Was ich nicht geschätzt habe, sind Leute, die ohne erkennbaren Grund sehr langsam studiert haben. Lange für ein Studium zu brauchen ist grundsätzlich noch keine Schande, sondern die Frage ist, was habe ich mir in dieser Zeit angeeignet. Bin ich menschlich gewachsen? Durch welche Maßnahmen, durch welche Tätigkeiten, durch welche Reisen, durch welche Ausübung von Sport und dergleichen?
"Das wertvolle am Studium liegt für mich darin, dass ein junger Mensch in der produktivsten Zeit seines Lebens die Chance hat, sich mit der Entwicklung seiner eigenen Persönlichkeit auseinanderzusetzen."
Was wäre für Sie der ideale Kandidat/die ideale Kandidaten bei einer Jobbewerbung?
Witamwas: Eine gesunde Mischung aus Sprachkenntnissen auf der einen Seite und fundierte Kenntnisse in irgendeiner Studienrichtung auf der anderen Seite. Natürlich gibt es Berufe, für die man ein ganz bestimmtes Studium braucht. Will ich Arzt werden, muss ich natürlich Medizin studiert haben. Aber wenn man das breite Feld der Wirtschaft hernimmt, dann ist es gar nicht so wesentlich, ob sie jetzt z.B. als leitender Manager Jus, Geologie oder sonst irgendetwas studiert haben. Das wertvolle am Studium liegt für mich darin, dass ein junger Mensch in der produktivsten Zeit seines Lebens die Chance hat, sich mit der Entwicklung seiner eigenen Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Und wenn er das tut, dann ist er sicherlich gerade für Management-Funktionen ein guter Kandidat oder eine gute Kandidatin.
Sie haben 1978 den SOWI-AV ins Leben gerufen. Was waren ihre Beweggründe dafür?
Witamwas: Mein Kollege Leopold Gartler und ich hatten die Überlegung, ein derartiges Netzwerk auf die Beine zu stellen, da wir beide bei Studienaufenthalten in Amerika – ich war z.B. in Champagne-Urbana, Illinois und in Austin, Texas – die Wirkung der alumni organisations in den USA gesehen hatten. Eine erste Überlegung war eine Grazer Außenstelle der in Wien präsenten VÖWA (Vereinigung Österreichischer Wirtschaftsakademiker) zu gründen. Prof. Peter Swoboda, den wir beide sehr geschätzt haben, riet uns dann aber doch dazu, eine Alumni-Organisation nach amerikanischem Vorbild ins Leben zu rufen. Uns beiden gefiel die Idee und wir kontaktierten den damals schon seit fünf Jahren bestehenden AbsolventInnenverein der Wirtschafts-Ingenieure an der TU Graz. Der war anfangs ein wenig ein Vorbild für uns.
Herr Mag. Pichler, wie sind Sie zum SOWI-AV gestoßen?
Pichler: Ein Studienkollege, Herbert Grabner, war im Vorstand des SOWI-AV. Er hat mich auf den Verein aufmerksam gemacht, das war in etwa Anfang der 80er Jahre. Mir hat damals schon gefallen, dass die Arbeit im SOWI-AV sehr auf Augenhöhe stattfindet und durch ehrenamtliche Mitarbeit getragen wird. So bin ich dazugestoßen: Einmal angeschaut und „picken geblieben“! (lacht).
Warum ist dieser Kontakt mit der Alma Mater auch über das Studium hinaus für Sie wichtig?
Pichler: Ich stamme aus der Obersteiermark und die erste Universität, mit der ich in Kontakt gekommen bin, war die Montanuniversität in Leoben. Ich hatte also relativ viel Kontakt zu Leuten aus dem Bergbau und aus der Erdölförderung gehabt und habe dieses wirklich weltweite Netzwerk der AbsolventInnen dieser Spezial-Universität immer sehr bewundert. Und da habe ich mir gedacht, es müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht möglich wäre ein derartiges Netzwerk unter Leuten zu bilden, die in die gleiche Richtung gehen, wie es gerade unter BetriebswirtInnen der Fall ist. Für mich stand also immer der Netzwerk-Gedanke im Vordergrund, das ist etwas, dass mir immer schon Spaß gemacht hat. An der Montanuniversität wird das schon sehr früh gelebt. Bereits im ersten Abschnitt ist der Kontakt zwischen den Studierenden und den AbsolventInnen immer wieder gegeben, was natürlich im universitären Bereich bei uns gar nicht der Fall ist. Das heißt, man studiert und studiert, will fertig werden, seinen Titel haben und dann denkt man, Hoppla, so schnell war‘s jetzt vorbei, was tu‘ ich jetzt, wie ist mein erster Job. Diese Grätsche haben wir versucht im Vereinsleben ein wenig zu mildern.
Welchen Stellenwert hat eine Alumni-Organisation für Sie, Herr Dr. Witamwas?
Witamwas: Das Wesentliche an den alumni organisations ist, dass es immer wieder ein gegenseitiges Feedback gibt. Das Feedback von der Theorie zur Praxis und von der Praxis zur Theorie. Wenn das nicht funktioniert, dann versandet die Theorie in dem berühmten Elfenbeinturm, der heute weniger gefragt ist als vielleicht vor 200 Jahren, wo die Reinheit der Lehre und der Wissenschaft eine andere Position hatten. Heute ist der Elfenbeinturm sicherlich out und diese Versandung zu verhindern sind solche Organisationen erforderlich und wichtig.
"Drei Viertel des Weges sind wir schon gegangen und ich denke, das bisherige Resultat ist eine durchaus tragfähige und zukunftsträchtige Organisation."
Was sind Ihre Erwartungen für die Zusammenarbeit mit dem alumni UNI graz?
Pichler: Die Erwartungen sind eigentlich relativ einfach realisierbar. Wir hatten in den letzten Jahren das für die Studierenden und die AbsolventInnen relativ diffuse Bild von zumindestens zwei Alumni-Organisationen, wo die SOWI- AbsolventInnen, ohne direkten Kontakt zu haben, nicht wirklich entscheiden konnten, wer bringt hier einen Mehrwert für mich und wo ist mein Hafen, wenn ich mich dazu entschließe, in einer Organisation zu sein, die eine Nahtstelle zu meiner Alma Mater ist. Durch die Zusammenarbeit mit dem alumni UNI graz erwarten wir uns nun, aus diesem diffusen Bild eine win-win Situation zu machen und zwar für alle, für die AbsolventInnen, für die Mitglieder der beiden Vereine und für uns alle, die wir das mit Herzblut machen, um hier eine gewisse „Betriebssicherheit“ zu erreichen.
Wir sind von der Aufstellung her 35 Jahre den Weg als reine Fakultätsorganisation gegangen und wissen natürlich auch, dass das eine oder andere unserer Mitglieder, das jetzt diese Kooperation mitgeht, sich auch für andere Fachrichtungen interessiert. Umgekehrt glaube ich ist es auch so, dass es durchaus Leute aus anderen Bereichen gibt, die sich dafür interessieren, wie Betriebswirte, Manager, Leute aus der Praxis ticken. Ich denke, diese Ziele sind realisierbar. Drei Viertel des Weges sind wir schon gegangen und ich denke das bisherige Resultat ist eine durchaus tragfähige und zukunftsträchtige Organisation.